Mittwoch, 16. Mai 2007 - JazzTalk 061 - The Souljazz Dynamiters - Der Kritiker Tim Gorbauch schrieb in der Frankfurter Rundschau: “Es wabert die Hammond B3, ihr Bass schreitet erhobenen Hauptes und mit weicher Hüfte durch die Soullandschaft, die Gitarre zündelt mit dem Funk, das Saxophon spielt heisere Linien. Das Leben muss so schön gewesen sein früher." Die Band des Frankfurter Gitarristen Martin LeJeune und des Heidelberger Keyboarders Jo Bartmes (hammomd B3) präsentieren mit ihrem Retro-Projekt vor allem Eigenkompositionen, die sich an der Vergangenheit orientieren und doch einen scharfen Blick in die Zukunft werfen. Grund genug, beim JazzTalk über die Tanzbarkeit des Jazz zu reden, über die Gegenwärtigkeit der Vergangenheit oder einfach nur darüber, warum der Groove für diese Musik so wichtig ist.
Der an der Ostküste geborene Shelly Manne gilt als einer der "Gründungsväter" des West Coast Jazz und als typisches Beispiel für die enge Zusammenarbeit dieser Jazz-Enklave mit den Studios in Hollywood. Seine Verbindung zur Film- und Fernsehwelt war schon einmal Thema dieser Kolumne: In der Ausgabe No.30 (Juli/August 2002) versuchten wir, unserer Freude ob der Wiederveröffentlichung von Manne’s Daktari Ausdruck zu verleihen und Sie auf dieses Kleinod der 60er Jahre neugierig zu machen. Aber schon Ende der 50er Jahre begab sich der damals mit jazzigen Interpretationen von Broadway-Shows für Furore sorgende "absolute Melodiker unter den Jazzschlagzeugern” (J.E.Berendt) – das 1956 erschienene Album My Fair Lady (Contemporary S-7527/OJCCD-336-2 – Echo/ZYX) war das erste Jazz-Album dieser Art (zugleich Modell für eine Vielzahl weiterer solcher Einspielungen) und zugleich das bestverkaufte Jazz-Album dieses Jahres überhaupt - in damals relatives Neuland. Entgegen der zunehmenden Verwendung von Jazz- (oder jazzinspirierter) Musik in Kino-Filmen in den Jahren davor gab es bis Ende 1958 (dem Zeitpunkt der Erstausstrahlung von Peter Gunn) keinen ernsthaften Versuch sie auch bei TV-Shows einzusetzen. Henry Mancini machte dieses Land urbar und Shelly Manne bestellte es sogleich: Shelly Manne & His Men Play Peter Gunn (Contemporary S-7560/OJCCD-946-2 – Echo/ZYX) und Son of Gunn!! (Contemporary C-3566/bisher leider keine CD-Edition!) – beide 1959 – hießen die großartigen (und erneut stilbildenden) Alben. 1960 debutierte die von CBS landesweit im Hauptabendprogramm ausgestrahlte Krimi-Serie Checkmate, die sich sofort in den Top 25 der beliebtesten TV-Shows platzieren konnte. Der score der ersten Staffel stammte von John(ny) Williams - der auch selbst die Studio-Aufnahmen des Orchesters (mit Shelly Manne am Schlagzeug) leitete. Der 1932 geborenen Jazz-Pianisten, ist nicht mit dem 1929 geborenen Jazz-Pianisten John Williams zu verwechseln, der ein paar Alben für EmArcy einspielte. Nicht zu verwechseln ist er natürlich auch mit dem Gitarristen John Williams oder den Baritonsaxophonisten gleichen Namens - weder mit dem amerikanischen, der mit Louis Armstrong Aufnahmen machen durfte, noch mit dem britischen, der (wesentlich jünger) noch immer aktiv ist (vgl. die absolut hörenswerte Aufnahme: John Williams’ Baritone Band – Spotlite SPJCD-564/UK-Import) - Nennen wir John(ny) also John Towner W. und weisen darauf hin, dass er neben dieser Krimi-Serie auch für die Musik der Filme Der weisse Hai, Krieg der Sterne oder zuletzt Harry Potter gesorgt hat – und vergessen ihn sogleich wieder... Denn im Gegensatz zu Mancini’s Originalbeitrag dient der score von Checkmate Manne und seinen Männern (Conte Candoli an der Trompete, Richie Kamuca am Tenorsaxophon, Russ Freeman am Piano und Chuck Berghofer am Bass) mehr als Vehikel für Improvisationen, denn als Palette für ihre gewohnte, geschichtenerzählende (wiewohl zumeist leise) Lautmalerei. Für Manne’sche Verhältnisse muss mensch fast von einer blowing session sprechen, was dergestalt an die epochalen Live-Aufnahmen aus dem Black Hawk erinnern lässt (Contemporary, auf CD 5 Volumes: OJCCD-656-2 bis OJCCD-660-2 – alle Echo/ZYX)! "Schachmatt!" hieß es für die Serie im Sommer 1962, nachdem die zweite Staffel dramatisch an Publikumsgunst verloren hatte – dankenswerterweise lebt die Musik aber 2002 wieder auf . Und wir mit ihr?
By Mr. Christian Krug (Jazzeit)